Der San Daniele Schinken DOP (dt. geschützte Herkunftsbezeichnung) ist eine der gastronomischen Delikatessen des “Made in Italy”, die weltweit, von Frankreich bis in die USA, von Australien bis nach Mexiko, bekannt ist und geschätzt wird. Er ist das Ergebnis einer sehr alten Tradition und sein Name wird zwangsläufig mit seinem Herkunftsgebiet, der Gemeinde San Daniele im Friaul, in Verbindung gebracht. Hier hat sich der Herstellungsprozess seit der vorrömischen Zeit weiterentwickelt und etabliert und auch heute noch entwickelt er sich weiter, da eine unzertrennliche Verbindung zwischen dem Produkt, dem Herkunftsgebiet und dem einzigartigen Mikroklima besteht. Diese Verbindung wurde erstmals durch das Gesetz Nr. 507 vom 4. Juli 1970 anerkannt und durch dieses geschützt, später wurde es abgeschafft und das Gesetz Nr. 30 vom 14. Februar 1990 ersetzte es. 1996 hat die Europäische Union den San Daniele Schinken in die Liste der Produkte mit geschützter Herkunftsbezeichnung aufgenommen und gleichzeitig den gleichnamigen Ort als einzige Produktionsstätte ernannt.
Die Gründe hierfür sind nicht nur historischer und juristischer, sondern auch klimatischer und umweltbedingter Natur. Neben der sorgfältigen Auswahl der Rohstoffe und einer speziellen Verarbeitungstechnik, die im Laufe der Jahrhunderte unverändert geblieben ist, und den strengen Regeln, die in den Herstellungsbestimmungen hinterlegt sind, entsteht der San Daniele Schinken auch aufgrund des einzigartigen Mikroklimas. Es handelt sich in der Tat um einzigartige Umweltbedingungen, die nur in diesem Gebiet herrschen und zum typischen Aroma des Schinkens beitragen, aber auch die Reproduktion der organoleptischen Qualität gewährleisten. Aus diesem Grund können die Vorbereitung, das Pökeln und die Reifung der Schweinekeulen ausschließlich in San Daniele erfolgen.
Das Aufeinandertreffen der Winde über San Daniele
Das typische Mikroklima dieses Gebiets entsteht aufgrund der Zusammenwirkung verschiedener Faktoren. San Daniele befindet sich im Tagliamento-Tal, in der Mitte zwischen den karnischen Voralpen und der Adria und im Herzen der Region Friaul-Julisch Venetien. Das Gebiet erstreckt sich über 35 Kilometer am Fuße eines Moränenhügels und der Ort befindet sich 252 über dem Meeresspiegel, in einem Gebiet, in dem die warmen und salzigen Winde, die von der Küste her wehen und über den Fluss Tagliamento in das Gebiet gelangen und dort schließlich auf die von Nordosten stammenden Winde der karnischen Alpen treffen und abkühlen.
Auf diese Weise entsteht eine leichte aber stetige Luftzirkulation, die für die Reifung des Schinkens essentiell ist. Dieser Prozess erfolgt unter natürlichen Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsbedingungen in entsprechenden Kammern, die mit zahlreichen Fenstern versehen sind, die wiederum regelmäßig geöffnet werden und den Schinken der natürlichen Luftzirkulation aussetzen.
Die thermische Regulierung durch den Tagliamento und die Bodenbeschaffenheit
Ein weiterer, essentieller Faktor, der das Mikroklima in San Daniele bestimmt, ist der Fluss Tagliamento, der in der Nähe des Ortes fließt und zu einem der letzte alpinen Flüsse Europas gehört, der fast alle seine natürlichen Eigenschaften aufgrund der miteinander verflochtenen Kanäle, deren Morphologie sich je nach Wasservolumen und Wetterbedingungen ändert, beibehalten hat. Der Tagliamento übernimmt die wichtige Rolle des natürlichen Temperatur- und Feuchtigkeitsregulators und bewahrt diese auf einem für die Reifung des Schinkens optimalen Niveau. Eben wegen dieser thermoregulierenden Funktion, die essentiell für die perfekten klimatischen Bedingungen des Gebiets ist und somit auch für die Auszeichnung mit dem DOP-Siegel, hat sich das Konsortium des San Daniele Schinkens seit seiner Gründung immer offen gegen invasive Eingriffe am Fluss und für den Schutz des Flusses ausgesprochen. Solche Eingriffe hätten tatsächlich nicht nur seinen positiven Einfluss beeinträchtigt, sondern auch seinen Ökosystem, das genauso einzigartig ist.
Erwähnenswert ist, dass das Tagliamento-Tal in die Liste des ökologischen europäischen Netzes Natur-2000 eingetragen wurde, in der bestimmte Gebiete zum Erhalt und zum Schutz der Biodiversität enthalten sind. Aus diesem Grund wird in den letzten Jahren darüber diskutiert, ob eine Bewerbung zur Listung des Tagliamento in das UNESCO-Weltkulturerbe möglich ist.
Ein weiterer Faktor, der Einfluss auf das Mikroklima in San Danieles hat, ist die Orografie des Gebiets. Die Beschaffenheit des Bodens, der primär aus Kies und Moränen besteht, spielt eine wichtige hygroskopische Rolle und neigt auch dazu, Feuchtigkeit zu entziehen. Dies steht in Wechselwirkung zu den Brisen, die über San Daniele aufeinandertreffen und sorgt für eine feuchtigkeitsarme Umgebung.
Das ideale Mikroklima für die Reifung des San Daniele Schinkens
Die Wichtigkeit des Mikroklimas als entscheidender Faktor für die Reifung des San Daniele Schinkens wird in den Herstellungsbestimmungen mehrmals erwähnt. Diese Bestimmungen betonen, wie beispielsweise aus der Mischung der o.g. Elemente – das Aufeinandertreffen der Winde, der Fluss Tagliamento und die Bodenbeschaffenheit – ein “konstantes und originelles Mikroklima” entsteht. Dieses Klima herrscht ausschließlich in San Daniele und es besteht aus einer leichten Luftzirkulation und einer niedrigen Luftfeuchtigkeit, die “bekanntlich ideal für die Reifung des San Daniele Schinkens” sind und die “dank der Mikroflora neue Elemente hervorbringt, die dazu führen, dass der Schinken das typische Aroma erlangt”.
Im Allgemeinen unterstreichen die Herstellungsbestimmungen, dass die enge Verbindung zwischen Produkt und Gebiet von der Umwelt bedingt ist. “Die Tatsache, dass in der Vergangenheit und in der Gegenwart (aber vor allem in der Vergangenheit) die Produktion ausschließlich in San Daniele stattgefunden hat, bestätigt, dass die Umweltbedingungen in diesem begrenzten Gebiet zweifellos die Grundlage der Produktionsart und der Daseinsberechtigung – so die Herstellungsbestimmungen – der ökonomischen Geschichte und der Verleihung des DOP-Siegels sind“.
Die Gesetzgebung hinter dem DOP-Siegel
Auch die Europäische Union betont die Wichtigkeit des Klimas in Bezug auf die Produktion des San Daniele Schinkens DOP. In den Vorschriften über den Schutz der Herkunftsbezeichnung des Produkts steht Folgendes geschrieben: “Der San Daniele Schinken stammt aus dem geografischen Gebiet San Daniele im Friaul und seine Eigenschaften sind mit dem geografischen Produktionsgebiet und dessen umweltbedingten und menschlichen Merkmalen verbunden”. Und weiter: “Das Vorhandensein eines bestimmten und spezifischen Mikroklimas mit den typischen orographischen und pedologischen Eigenschaften des geografischen Produktionsgebiets zeichnet sich durch niedrige Luftfeuchtigkeit und eine ideale Luftzirkulation für den Prozess der Reifung aus und ist ausschlaggebend für den Geschmack und das Aroma des San Daniele Schinkens”.
Zu guter Letzt ist in dem bereits erwähnten Gesetz Nr. 30 von 1990 die Erstellung eines Gebiets vorgesehen, in dem der Schutz der Produktionsumwelt des Schinkens respektiert wird und in dem auf die Luftqualität, von der die organoleptischen und warenkundlichen Eigenschaften des Produkts abhängen, Rücksicht genommen wird.
Nur drei Zutaten
Aus den o.g. Gründen ist das Mikroklima in San Daniele ebenso ein Teil der drei Zutaten des San Daniele Schinkens DOP. Neben dem Klima gehören auch die Keulen italienischer Schweine und das Meersalz zu den Zutaten. Die Verbindung dieser Rohstoffe bestimmt den Geschmack und die organoleptischen Qualitäten, ohne das auf jegliche Zusatz- oder Konservierungsstoffe zurückgegriffen werden muss. Die Produktion des San Daniele Schinkens fand und findet im Laufe der Zeit nicht umsonst ausschließlich in der gleichnamigen Gemeinde statt. Und hier haben sich Fachkräfte in der Verarbeitung der Keulen, die aus Zuchtbetrieben stammen, welche sich in historischen Schweinzuchtgebieten befinden, weiterentwickelt.
Heute haben die 31 DOP-Betriebe jeweils ihren Sitz in der Gemeinde San Daniele im Friaul, denn nur in diesem Ort dürfen die Verarbeitung und Reifung, die zum Endprodukt führen, stattfinden.